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Selbstmord mit zwei Kugeln im Kopf

Heute wurde Jurij Krawtschenko beerdigt, nachdem er am Freitag morgen kurz vor seiner Vernehmung im Fall Gongadse in seiner Garage tot aufgefunden wurde, mit zwei Kugeln im Kopf.

Darüber, ob der ehemalige Innenminister nun Zeuge, Täter oder Opfer war, wie es in seinem Abschiedbrief hieß, werden wir in den nächsten Wochen sicher noch einiges lesen. Ob es in diesem Fall noch eine „Wahrheit“ zu erfahren gibt — man darf zweifeln.

Wer etwas über Krawtschenkos Werdegang innerhalb des Systems erfahren will, dem lege ich den neuen Wikipedia-Artikel ans Herz; auch abdymok hat sich — etwas weniger enzyklopädisch — biographisch betätigt (englisch).

Außerdem habe ich in der ukrainischen Wikipedia endlich mehr biographisches Material über Georgi Gongadse gefunden, dessen georgisch-ukrainisches Leben vor dem Tod mir im Wust ukrainischsprachiger Informationen im Netz bisher immer verborgen geblieben war.

Während ich den Text am Wochenende übersetzte und dabei in die georgische Geschichte der frühen Neunziger zurücktauchte, mußte ich ständig an den jungen Georgier denken, den ich 1991/92 in Uschhorod flüchtig kennenlernte: Untermieter bei Rita Mychailiwna, einer unserer frühen Gastgeberinnen, saßen wir zusammen an ihrem Küchentisch und verständigten uns irgendwie holprig. Er hatte, damals schon mehr Todesangst um seine Familie und seine Freunde erlebt, als wir wohlbehüteten Deutschen es uns damals vorstellen konnten.

Ich habe ihn seitdem nicht wiedergetroffen, und obwohl ich das schmale Gesicht mit den großen Augen genau vor mir sehe, grübele ich schon seit drei Tagen, wie er hieß.

von elya, 7.03.05
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Jungs in Uschhorod „Aber zurück zu dem Bild, das mir nicht aus dem Kopf geht: der kleine Junge, versunken in die Betrachtung des Flusses. Da drüben beginnt die Neue Welt.“
(Jurij Andruchowytsch, Mein Europa)