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Mit dem Fahrrad durch Uschhorod


Nachdem es sich als sinnlos herausgestellt hat, meinen Weightwatchers-Diätplan auch nur ansatzweise einhalten zu wollen, habe ich nach langem Gequengele endlich ein Fahrrad leihen können.

“Lebensgefährlich” sei das hier, man könne es nicht vergleichen mit den Fahrradwegen in Deutschland, und überhaupt, es gebe praktisch keine Regeln für Fahrradfahrer, schimpft meine Kuma Marijka. “Keine Regeln” erinnert mich zwar schon entfernt an Köln, aber es ist wohl eher gemeint, daß die Autos hier keine Rücksicht auf Radfahrer nehmen, und Radfahrer hier nicht umsonst den Spitznamen “Smertelnyky” tragen (Smert = Tod).

Am anderen Ende der Stadt bekomme ich von guten Freunden ein altes Damenfahrrad: es hat genau das, was ein Fahrrad braucht, und kein unnützes Stück mehr. Klingel? Licht? Wozu…? Für ein dreißig Jahre altes Rad ist es erstaunlich gut erhalten, und ich bin jetzt mobil und kann Uschhorod auf ganz neuen Wegen entdecken. Vorsorglich habe ich schon mal mein auf Kölner Fahrradklau-Verhältnisse zugeschnittenes Luxus-Schloß mitgebracht, da kann also nichts passieren (es sei denn, jemand möchte das Schloß klauen). Letztlich ist alles auch gar nicht so schlimm, die Kanalöffnungen mit den fehlenden Gullydeckeln, bei denen es einen halben Meter tief runtergeht, muß man eben rechtzeitig umfahren, und abgesenkte Bordsteinkanten lieber erst gar nicht suchen, sondern vorher rechtzeitig absteigen – nachdem man den verlängerten Bremsweg mit der nur ganz leicht verzögerten Rücktrittbremse in Betracht gezogen hat. Wenn man aber sowieso gewohnt ist, Mountain-Bike zu fahren, ist die Fahrt auf den hiesigen Straßen keine große Umstellung (na gut, stimmt nicht ganz…)

Heute habe ich mich mit dem Fahrrad zum Flughafen aufgemacht, um die Möglicheiten eines Fluges nach Kyjiw zum Eurovision Song Contest abzuklären – nachdem Jura mir gestern ausführlichst erklärt hatte, wie sicher und zuverlässig die Antonows sind, die für Inlandsflüge eingesetzt werden. Über den Karpaten die Luftlöcher seien ein wenig unangenehm, und es sei natürlich kein Düsenflugzeug, sondern eine kleine Propellermaschine. Aber abgestürzt sei noch nie eins, oder doch? Ach ja, damals in den Karpaten, aber es hätten alle Passagiere überlebt. Ich verdächtige ihn, es mir eigentlich doch ausreden zu wollen.

Andererseits: Was kann mir schon passieren? Wenn ich Fahrradfahren in Uschhorod überlebe, werde ich wohl auch noch mit der Propellermaschine nach Kyjiw und zurück kommen. Mal sehen.

von elya, 12.05.05
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Jungs in Uschhorod „Aber zurück zu dem Bild, das mir nicht aus dem Kopf geht: der kleine Junge, versunken in die Betrachtung des Flusses. Da drüben beginnt die Neue Welt.“
(Jurij Andruchowytsch, Mein Europa)